Ausgestaltung von Mitarbeiterbefragungen

Im Rahmen einer Mitarbeiterbefragung werden in der Regel quantitative Daten von den Beschäftigten eines Unternehmens erhoben. Sie ist ein sensibles Personalmanagementinstrument, das für verschiedene Zwecke eingesetzt werden kann. In der Regel ist ein Mitarbeiter aus der Personalentwicklung an einem solchen Projekt beteiligt, wenn er nicht gerade als Projektleiter arbeitet. Klassischerweise ist eine Mitarbeiterbefragung ein groß angelegtes Organisationsentwicklungsprojekt, bei dem alle Beschäftigten regelmäßig (z. B. alle 2 Jahre) anonym und auf freiwilliger Basis zu einer Vielzahl von Themen befragt werden. Auf eine Mitarbeiterbefragung folgen oft umfangreiche Folgeprozesse. Fast 90 % der größten Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz führen Mitarbeiterbefragungen durch – die meisten von ihnen regelmäßig.

Umfragen sind ein wirksames Instrument zur Gewinnung von Steuerungsdaten in allen Bereichen des Managements. Die in einer Befragung ermittelte Bewertung der Stimmung der Beschäftigten ermöglicht die Verbesserung oder Korrektur der marktorientierten Ausrichtung der unternehmerischen Aktivitäten, der Produktpalette und des strategischen Ressourceneinsatzes – auch im Bereich „Human Resources“.

Die besondere Sensibilität dieses Instruments erfordert eine professionelle Konzeption und Umsetzung: Schon einmalige, kleine Fehler können zu einem erheblichen Akzeptanz- und Vertrauensverlust bei den Befragten führen. Ein Vertrauensverlust bedeutet in der Regel, dass die erhobenen Daten nicht mehr verwendet werden können und das Erhebungsinstrument durch das „kollektive Gedächtnis“ der Belegschaft für lange Zeit disqualifiziert ist.

Definition

Unter einer Mitarbeiterbefragung versteht man: Ein Instrument der partizipativen Unternehmensführung, mit dem

> im Auftrag der Unternehmensleitung
> in Zusammenarbeit mit den Arbeitnehmervertretern
> mit Hilfe von standardisierten und/oder (teil)standardisierten Fragebögen und/oder (teil)strukturierten Interviews,
> anonym, auf freiwilliger Basis,
> direkt mit allen Beschäftigten oder repräsentativen Stichproben,
> Probleme mit ihren einzelnen Bestandteilen und/oder Einflussfaktoren,
> unter Berücksichtigung der methodischen, organisatorischen und rechtlichen Rahmenbedingungen,
> Informationen über die Einstellungen, Werte, Erwartungen und Bedürfnisse der Beschäftigten,
> die sich auf bestimmte Bereiche des betrieblichen Arbeitsumfelds und/oder der Umwelt beziehen,
> um Hinweise auf betriebliche Stärken und Schwächen zu erhalten,
> deren kausale Zusammenhänge entweder aus den erhobenen Daten selbst,
> oder im Dialog zwischen Beschäftigten und Führungskräften zu klären, um konkrete Veränderungsprozesse einzuleiten.

Einbindung von Arbeitnehmervertretern

Um die Akzeptanz der Befragung bei den Beschäftigten zu erhöhen, ist es sinnvoll und in bestimmten Fällen auch notwendig, die Arbeitnehmervertretungen (z.B. Betriebs- oder Personalrat) einzubeziehen – sofern sie existieren und zuständig sind (§ 5 BetrVG). In diesem Zusammenhang sind die §§ 80, 87 und 94 des BetrVG relevant. Nach § 80 (2) hat der Betriebsrat ein Recht auf Information, wenn der Gegenstand der Arbeitnehmerbefragung die Aufgaben des Betriebsrats berührt. Der Betriebsrat kann ein Mitbestimmungsrecht haben, wenn die Arbeitnehmerbefragung Fragen berührt, in denen der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht hat (§ 87 Abs. 1 BetrVG). Bei der Verwendung von Personalfragebögen – das ist die nicht-anonyme Erhebung von personenbezogenen Daten der Beschäftigten – ist der Betriebsrat zustimmungspflichtig (§ 94 BetrVG).

Anonymität und Datenschutz

Bei Mitarbeiterbefragungen muss darauf geachtet werden, dass die Anonymität der Befragten gewahrt bleibt. Insbesondere bei Online-Befragungen muss darauf geachtet werden, dass personenbezogene Daten (z.B. Computeradressen, die einem Arbeitsplatz zugeordnet werden können) durch technische Maßnahmen von den Befragungsdaten getrennt werden. Um Rückschlüsse auf die Teilnehmer/innen und ihre Umfragedaten zu vermeiden, dürfen die Ergebnisse einer Organisationseinheit oder Abteilung nur dann gesondert ausgewiesen werden, wenn eine vorher festgelegte Mindestzahl von Umfrageteilnehmer/innen in dieser Einheit erreicht wurde. Als Richtwert gilt eine Mindeststichprobengröße von acht Befragten.

Inhaltliche Gestaltung der Fragen der Mitarbeiterbefragungen

Beispiele für Fragebereiche sind:

> Wie zufrieden bist du mit den Führungsqualitäten deines Vorgesetzten?
> Wie klar sind dir die Ziele deiner Abteilung?
> Wie zufrieden bist du mit deiner persönlichen Weiterbildung?
> Wie zufrieden bist du mit der Unternehmenskommunikation – bekommst du alle Informationen, die du brauchst, um arbeiten zu können?
> Inwieweit hast du die Möglichkeit, die Verbesserung von Arbeitsabläufen zu beeinflussen?
> Wie sehr achtet deine Abteilung auf die Kundenzufriedenheit?
> Wie zufrieden bist du mit der Umsetzung von Maßnahmen zur Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit in deinem Bereich?
> Wie zufrieden bist du mit dem sozialen Engagement deines Unternehmens?
> Wie vertraut bist du mit den Ergebnissen, Leistungen und Gewinnen deines Unternehmens?
> Weitere Fragen und Themen können folgen.

Einbindung in die Personal- und Organisationsentwicklung

Bei der Gestaltung der Erhebung sollte überlegt werden, wie der Folgeprozess strukturiert werden soll. In der Vergangenheit hat sich ein Projektdesign in sechs Phasen bewährt:

  1. Zielsetzung

Hier werden in Einzelgesprächen mit Führungskräften und dem Betriebsrat sowie in Workshops die Ziele der Befragung festgelegt. Die folgenden Fragen sind dabei hilfreich: „Woran würden wir am Ende des Projekts erkennen, dass es erfolgreich war?“ „Was darf hier nicht passieren?“

  1. Planung

Die Inhalte des MAB und der Projektplan werden im Planungsprozess entwickelt. Das Projektteam setzt sich aus dem Projektleiter (in der Regel PE, OE oder QM) und Mitarbeitern aus verschiedenen Abteilungen und Hierarchieebenen zusammen. Professionelle Projektunterstützung ermöglicht es, in der Planungsphase einen Fragebogen zu definieren, der genau den Projektzielen entspricht. Die Bearbeitung von vorformulierten Aspektkarten, für die auch entsprechende Benchmarking-Werte zur Verfügung stehen, ist eine große Hilfe bei der Zusammenstellung des Fragebogens.

  1. Analyse

So viele Beschäftigte wie möglich werden mit anonymen Fragebögen („paper & pencil“) oder online befragt. Eine gute Kommunikationsarbeit und Inszenierung sind unerlässlich. Führungskräfte und Beschäftigte sollten die Ziele des Projekts kennen und unterstützen. Logistisch muss der Prozess so gestaltet werden, dass die Beschäftigten möglichst einfach und bequem an der Befragung teilnehmen können. Bei gut inszenierten Umfragen können Rücklaufquoten von über 80 Prozent erreicht werden. Wenn dann entsprechende Maßnahmen umgesetzt werden und diese Umsetzung auch mit Bezug auf den MAB kommuniziert wird, dann werden die Rücklaufquoten bei einer Wiederholung des MAB leicht steigen.

  1. Informationen

Die Ergebnisse werden zunächst dem Projektteam vorgestellt. Die Aufbereitung in Form von Handlungsanweisungen ist sinnvoll. Zum Beispiel sollte für jeden abgefragten Aspekt sowohl der Grad der Zustimmung (Zufriedenheit) als auch die Wichtigkeit des Aspekts aus Sicht der Beschäftigten dargestellt werden. Aktionsportfolios sind dafür sehr gut geeignet. Außerdem ist es wichtig, die Unterschiede in den Ergebnissen zwischen Ländern, Betrieben, Abteilungen, demografischen und demografischen Gruppen aufzuzeigen. Dieser Prozessschritt wird als (internes) Benchmarking bezeichnet. In manchen Fällen führen die Unternehmen auch einen externen Vergleich durch. Das externe Benchmarking ist aufgrund verschiedener methodischer Probleme nicht unumstritten.

  1. Umsetzung

Die Wirksamkeit und Akzeptanz von MABs hängt sehr stark davon ab, welche Umsetzungsmaßnahmen die Beschäftigten als Folge des MABs erkennen können. Dafür ist es wichtig, dass das Projekt vom Topmanagement unterstützt und gefördert wird. In der Regel werden ein oder zwei wichtige Entscheidungen aus dem MAB abgeleitet und auf der gesamten Unternehmensebene kommuniziert. Darüber hinaus werden die Ergebnisse in Workshops auf Abteilungsebene diskutiert und einige konkrete Maßnahmen beschlossen. Die Überwachung der Umsetzung der Maßnahmen liegt in der Regel in der Verantwortung der zentralen Projektleitung. Der Einsatz von Change Agents, die sowohl die Umsetzung als auch die Kommunikation auf Abteilungsebene begleiten, hat sich oft bewährt.

  1. Auswertung

In der Regel wird durch die Wiederholung des MAB nach ein bis zwei Jahren ausgewertet, wie sich die erfassten Werte verändert haben. So wird deutlich, welche Maßnahmen sinnvoll waren und welche nicht. Bei der Wiederholung des MAB muss darauf geachtet werden, dass vor allem die wichtigen Fragen identisch wiederholt werden, um Informationen über die Zeitreihe zu erhalten.

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